Für abgespannte Augen nach einem langen Fernsehabend oder ausgedehnter Bildschirmarbeit empfehlen verschiedene Kräuterseiten im Internet spezielle Augenlösungen oder Augentropfen aus einer unscheinbaren Pflanze am Wegesrand: Augentrost.
Das altbewährte Heilkraut wird in alten Büchern über Heilpflanzen auch Augenkraut oder Augustinuskraut genannt. Weitere Namen sind Augendank, Gibinix, Grummetblume, Herbstblümle, Heuschelm oder Wegleuchte sowie Adhil. Den weiteren Namen Milchschelen verdankt der Augentrost seinen Saugwurzeln, mit denen er als Halbschmarotzer in seiner Nachbarschaft wachsenen Gräsern Mineralien und Nährstoffe unmittelbar aus deren Wurzeln entzieht. Das Kraut besitzt dafür spezielle Saugwurzeln. Weil das Weidegras in der Umgebung des Augentrost schlechter wuchs, nannten die Bauern die Pflanze Milchdieb oder eben Milchschelen.
Die krautige Pflanze wird je nach Standort- und Bodenbedingungen maximal 10 bis 15 cm hoch. Sie ist einjährig und seit dem späten Mittelalter bekannt. Seine Blüten erinnern ein wenig an Augen, was im Rahmen der alten Signaturenlehre ursprünglich bei der Namensgebung beteiligt gewesen sein könnte. Die Farben der Blüten sind weiss, violett und gelb gemustert.
Ausführliche erwähnt wurde der gemeine Augentrost in einem als Hortus Sanitatis (Gart der Gesundheit) bezeichnetem Heilpflanzenbuch des späten 15. Jahrhunderts (Mainz 1485). In diesem für seine Zeit sehr bekanntem Werk, wurde der Augentrost als Augenmittel beschrieben, welches die Augen klar und schön macht.
Worauf die in mittelalterlichen Büchern beschriebene Wirkung gegen Augenleiden beruht, konnte bisher nicht geklärt werden. Im Kräuterbuch des Tabernaemontanus steht zu lesen: „Wann diß Kräutlein anfanget zu blühen / soll man es sammeln / und ein Wasser daraus brennen. Diß Wasser wird fürnemlich gebrauchst zu den dunklen und blöden Augen / dieselbige klar und lauter zu machen.
Augentrost tut nicht nur den Augen gut, sondern kräftigt alle Schleimhäute, die Nase, die Nebenhöhlen, entlastet bei Husten und soll die Magenschleimhäute beruhigen. Augentrosttee verbessert auch die körpereigenen Abwehrkräfte. Dazu sollte man den Tee über einen längeren Zeitraum – etwa 6 Wochen lang – trinken.

Die positive Wirkung auf die unterschiedlichen Schleimhäute klingt in den alten volkstümlichen Namen mit: Magentrost wurde er genannt, Zahnwehkraut oder auch Hirnkraut, denn auch das Gedächtnis soll sich mit Hilfe dieses Pflänzchens verbessern.
Heute wird die äußerliche Anwendung am Auge in Form von Waschungen, Umschlägen und Bädern aus hygienischen Gründen nicht empfohlen. Eigene Zubereitungen sind meist nicht schwebstoff- und keimfrei. Gegen die innerliche Verwendung als Tee bestehen hingegen keine Bedenken.
Augentrostwein kann man selbst herstellen. Gibt man zur Weinlese frischen Augentrost in den Most und läßt ihn mit vergären, erhält man einen Augentrostwein. Dieser soll die Sehkraft erhöhen, wenn man ihn regelmässig über einen Zeitraum von einem Jahr in gemäßigten Mengen trinkt.
Verräuchern ist noch eine alte Rezeptur. Im Mittelalter geschah dies mit Augentrost rituell, um Hellsichtigkeit zu erlangen. Die aromatisierte Luft sollte Weit- und Umsicht, aber auch prophetische Gaben fördern. Sollte der Augentrost uns in der Tat befähigen, das dritte Auge zu öffnen, dann könnten wir – hoffentlich – zuversichtlich unseren Weg durch das Neue Jahr beschreiten.
Foto: pixabay