Rabenvögel

Bei uns die „Kowe“ oder „Ramme“
Die schwarzen Vögel haben einen schlechten Ruf. Es heißt, Kowe seien hinterhältig, diebisch und gemein.
Zu Unrecht:
Bereits der griechische Fabeldichter Äsop hat in seiner Fabel „Die Krähe und der Wasserkrug“ die Intelligenz der Rabenvögel betont. In einem Versuch haben britische Forscher vier Saatkrähen (Corvus frugilegus) unterschiedlich hoch mit Wasser gefüllte Gefäße vorgesetzt, in denen jeweils ein Wurm schwamm. Weil der Wasserspiegel so tief war, dass die Rabenvögel den Wurm nicht erreichen konnten, begannen die Vögel Steine ins Wasser zu werfen, wodurch der Wasserspiegel so weit anstieg, bis die Tiere den Wurm erreichen konnten.
In einem weiteren Versuch wurde geprüft, ob sich die Krähen mit einem Sägemehl-Gefäß hinters Licht führen lassen würden. Ergebnis: Die Vögel ließen den Sägemehl-Topf links liegen und kümmerten sich nur um die flüssigkeitsgefüllten Gefäße. Überraschend, dass Vögel mit einem vergleichsweise kleinen Hirn auf ähnliche Weise Probleme lösen wie dies Menschenaffen tun.

Raben und Krähen bilden zusammen die Gattung Corvus in der Familie der Rabenvögel (Corvidae). Raben nennen wir die großen Vögel, Krähen dagegen die kleineren.

Bild: John Gerrard Keulemans (1842–1912)
Bild: John Gerrard Keulemans (1842–1912)

Rabenvögel gehören zur Ordnung der Sperlingsvögel.
Man geht davon aus, dass deren Vertreter schon vor 70 Millionen Jahren auf der Erde weit verbreitet waren.
Eine Unterordnung der Sperlingsvögel sind die Singvögel.
Sie sind wesentlich „jünger“ und haben sich erst etwa vor etwa 20 Millionen Jahren entwickelt. Zu dieser Unterordnung zählen die Rabenvögel.  Rabenvögel unterscheiden sich von anderen Singvögeln deutlich durch ihre Größe und ihr Gewicht. Den Spitzenplatz nimmt der Kolkrabe mit rund 1,5 Kilogramm Körpergewicht ein – als der größte Singvogel der Welt kkommen ausgewachsene Kolkraben auf eine Spannweite von 1,20 Meter. Siekönnen es kräftemäßig durchaus an einen mittelgroßen Greifvogel aufnehmen.
Bei uns sind die Rabenkrähen besonders häufig. Im Volksmund heißen sie Kowe oder auch Ramme.
Saatkrähen haben im Gegensatz zu Rabenkrähen einen helleren Schnabel und eine nach oben gewölbte Stirn. In jüngster Zeit sind sie häufiger zu beobachten.

Saatkrähe
Saatkrähe/ Foto: Axel Mauruszat – Berlin

Zur Familie gehören desweiteren auch Dohle (auch schwarze Taube des Pfarrers genannt), Elster und Eichelhäher.
Im Vergleich mit anderen ähnlich großen Vögeln haben Rabenvögel ein relativ großes Gehirn. Wegen ihrer Intelligenz gelten sie als Krone der Vogel-Schöpfung. Nach neueren Erkenntnissen können die Tiere sogar vorausschauend planen und handeln.
Und noch eine Fähigkeit: Raben erkennen Gesichter – und identifizieren zum Beispiel noch fünf Jahre nach einer Fangaktion Menschen, vor denen man sich Rabe muss. Auch Raben, die das Ganze nur beobachtet hatten, hatten später Angst vor diesen „Gesichtern“. Unbeteiligten Raben verraten sie, vor wem sie sich in Acht nehmen müssen.
Mehr noch: Der britische Verhaltensforscher Nathan Emery erforschte japanische Krähen, die Nüsse auf die Straße werfen, um die Leckerbissen von darüber rollenden Autos knacken zu lassen. Doch damit nicht genug: Sie werfen ihre Nüsse gezielt auf Zebrastreifen oder vor Ampeln und ernten ihre Nuss-Beute, wenn die Autos anhalten (BR-online).
Raben bleiben lebenslang mit dem gleichen Partner zusammen. Jedes Jahr zieht das Paar zwei bis fünf Junge heran, um die sich die Rabeneltern fürsorglich kümmern. Fallen mal junge Raben und Krähen aus dem Nest und hüpfen dann scheinbar verlassen auf dem Boden herum – sprechen manche Menschen abschätzig von „Rabeneltern“. Doch Mama und Papa Rabe sind stets in der Nähe, füttern und verteidigen ihren Nachwuchs.
Als Galgenvogel war der Rabe verschrien, weil man den Aasfresser auf Schlachtfeldern als Leichenfledderer beobachten konnte. Heute plündern die größten unserer heimischen Singvögel eher Mülldeponien.
Landwirte haben beobachtet, dass Raben schon Tage bevor bei einem Nutztier eine Lungenentzündung oder eine Durchfall-Erkrankung auftritt, solche erkrankenden Tiere piesacken.  Haben die Vögel  einen sechsten Sinn für schwache und kranke Tiere?
Die schwarzen Gesellen haben Dichter und den Volksmund vielfältig inspiriert. Als Aasfresser werden sie im Kinderlied besungen („… fällt er in den Graben, fressen ihn die Raben …“). Von Wilhelm Raabe kennen wir die Rabenschlacht „Das Odfeld“, von Edgar Allan Poe das Gedicht „The Raven“. Dem Raben als Haustier hat Wilhelm Busch in Hans Huckebein, der Unglücksrabe ein Denkmal gesetzt. Zur Sammlung der Gebrüder Grimm gehört das Märchen Die sieben Raben.
Rabenvögel – ein einzigartiger Mythos.