Als uns die Grundschullehrerin die heimischen Vogelarten erklärte, wusste sie über den Distelfink eine rührende Geschichte: Nachdem der HERRGOTT allen Vögeln ein hübsches Federkleid spendiert hatte, war sein Farbkasten leer. Da meldete sich ein unscheinbarer grauer Vogel, den hatte der HERRGOTT übersehen. „Oh, sei nicht traurig, kleiner Fink“, sagte der HERRGOTT, und kratzte alle Farbreste zusammen, die er in den Resten finden konnte. So hat der Distelfink sein hübsches buntes Aussehen bekommen.
Seine kräftige rote Gesichtsmaske fällt besonders auf, sein weißer Kopf und die weißen Halsseiten, die kontrastieren zu seinem schwarzen Nacken und der Kopfoberseite. An den Flügeln leuchtet eine deutlich abgesetzte, breite gelbe Binde. Der Rücken des Vogels ist hellbraun, der Bürzel weiß. Schwarz ist wiederum der gegabelte Schwanz mit weißen Flecken in der Spitze. Die Farbe der Bauchseite zerfließt von bräunlich bis gelblich, auch die Flanken. Der lange, spitze Schnabel ist elfenbeinfarbig. Wie alle Vertreter der Gattung „Finken“ ist auch unser Stieglitz, den wir wegen seiner Lieblingsspeise auch Distelfink nennen, von schlankem Wuchs mit einem gedrungenen Hals. Die Nahrung des Vogels besteht aus halbreifen und reifen Samen von Stauden, Wiesenpflanzen und Bäumen. Samen von 152 Wildkräutern wurden schon in seiner Nahrung nachgewiesen. Entsprechend der unterschiedlichen Samenstände der Pflanzen hat der Stieglitz sieben verschiedene Körperhaltungen entwickelt, um immer vom gedeckten Tisch picken zu können. Einfach geht das Picken vom Boden oder er beugt sich auf einem Ast sitzend weit vor. Er kann aber ebenso wie Meisen kopfunter hängend picken oder seitlich kopfüber hängend. Dünne Pflanzenstängel fliegt der Stieglitz von unten an und klettert daran seitlich Schritt für Schritt nach oben. Jeder Stieglitz weiß, dass sich dabei der Stängel unter dem Gewicht seines Körpers so weit zum Boden neigt, dass er leicht zu den Samen gelangen kann. Sind Stängel einmal sehr dünn, umklammert der Vogel einfach so viele von der Sorte, bis sie seinen Körper tragen können. Bei solch komplizierten Bewegungen wie auch beim Aufspleißen der Samen ist eine geschickte Zusammenarbeit von Schnabel und Füßen unbedingt notwendig. Am Ende des 1. Lebensjahres sind Stieglitze geschlechtsreif. Zwischen März und Anfang April wird gebrütet. Später im Juni kann eine zweite Brut folgen. Während der Balz füttert das Männchen das Weibchen. Die Stieglitzdame duckt sich leicht in den Fersengelenken, vibriert mit den Flügeln und klappt den Schwanz hoch, um seine Bereitschaft zu zeigen. Die Kopulation findet mehrmals am Tag solange statt, bis das Gelege vollständig ist. In dieser Zeit verliert das Männchen nach und nach seine Dominanz, die übernimmt jetzt das Weibchen. Der Nestbau beginnt ca. Mitte April und dauert eine knappe Woche. Als Nestplatz sucht der Stieglitz hoch gelegene Orte. Das Nest soll geschützt liegen und es soll von dort aus ein guter Ausblick möglich sein. Oft liegt der Nistplatz hoch in den Baumkronen aber auch in hochgewachsenen Sträuchern. Das napfförmige Nest wird vom Weibchen gebaut. Es besteht aus feinen Stängeln, feinen Wurzeln, Halmen, Moos und Flechten. Die besonders dicke Nestmulde wird zusätzlich mit Wolle und Federn gepolstert. Die Eiablage geschieht frühmorgens, jeden Tag kommt ein Ei dazu. Das gesamte Gelege besteht im Schnitt aus fünf Eiern, gelegentlich werden es sogar sechs. Die weißlichen Eier haben zum stumpfen Pol hin feine rostbraune, braunschwarze und rote Schnörkel und Flecken. Sobald das dritte Ei gelegt ist, beginnt für das Weibchen das Brutgeschäft. Die Brutzeit über (12 bis 14 Tage) wird das Weibchen vom Männchen gefüttert. foto: pixabay |