„König bün ick!“
Wenn der Winzling unter den Vögeln mit einer solchen Behauptung den stolzen Adler herausfordert, muss er sich auf etwas gefasst machen. Nur wer am höchsten fliegen kann, darf sich „König der Vögel“ nennen, darauf pochte der Adler. Ganz cool nahm der Winzling – unser Zaunkönig – die Wette an. Der Adler, seiner Sache sicher, stieg mit kräftigem Flügelschlag in die Höhe, nicht ahnend, dass der Zaunkönig auf seinem Rücken saß….
Als der „König der Lüfte“ spürte, dass er nicht noch höher aufsteigen konnte, schaute er sich nach dem Winzling um und war baff: Der Zwerg flog doch tatsächlich wenige Meter über ihm. Seitdem hüpft der kleine Kerl mit aufgerichtetem Schwanz zwischen den Zäunen herum und ruft: „König bün ick!“
Zur Familie der Zaunkönige gehören weltweit 70 Arten. Der ursprüngliche Lebensraum „unseres“ Zaunkönigs ist Nordamerika. Sein Name geht auf das griechische Wort „troglodyt“, Höhlenbewohner, zurück, was aber irreführend ist. Der Zaunkönig wohnt selten in einer Höhle. In manchen Regionen wird er Mäusekönig oder Zaunschlüpfer genannt – Hinweise auf seine winzige Gestalt und seine Lebensweise.
Pierre Belon, französischer Naturforscher, hat den Wicht so beschrieben: „Er ist ein Vogel, der niemals schwermüthig, sondern beständig zum Singen bereit ist, und zwar spät des Abends und früh am Morgen; und besonders zur Winterszeit, dann ist sein Gesang kaum weniger stolz, als der Nachtigall ihrer.“
Sein Gesang ist das ganze Jahr über zu hören, besonders im Winter, wenn er nur noch mit dem Gekrächze der Rabenvögel konkurriert. Von daher stammt sicher auch der Vergleich: „Er freut sich wie ein Schneekönig.“
Mit seinem kleinen spitzen Schnabel findet der Zaunkönig sogar in der kalten Jahreszeit in jeder Ritze und Spalte noch ein Insekt. Bei strenger Kälte schützen sich Zaunkönige gelegentlich nachts in einer Schlafgemeinschaft. Dann kann es passieren, dass zwölf bis zwanzig Vögel in einem alten Zaunkönigsnest oder Nistkasten dicht aneinander im Kreis liegen, den Kopf nach innen und den Schwanz nach außen gesteckt. Manche Schlafplätze werden über mehrere Winter lang regelmäßig genutzt.
Zaunkönige treiben Vielweiberei.
Er baut das Nest – oft gleich mehrere an der Zahl. Sobald ein Nest im Rohbau fertig ist, beginnt das Männchen einen Lockgesang. Ist eine „Zaunkönigin“ interessiert, schaut sie sich das Nest von außen an und schlüpft manchmal für ein paar Sekunden hinein, um es auf Stabilität, Größe und Aufbau zu prüfen. Ist alles okay, verändert sie paarungsbereit ihre Körperhaltung. In Kauerstellung zittert sie mit abgestellten Flügeln und schlägt den gefächerten Schwanz nach unten. Sofort nach der Kopulation fliegt das Männchen zu seiner Singwarte.
In den folgenden Tagen polstert das Weibchen das Nest mit Moos, Wolle und Federn aus, während das Männchen weitere Nester baut und jedes sich nähernde Weibchen für sich zu gewinnen sucht. Paarungen mit bis zu fünf Weibchen wurden schon beobachtet.
Das Brutgeschäft (14 bis 18 Tage) übernimmt nur das Weibchen. 5 bis 8 Eier gibt es im Nest. Jedes Ei wiegt weniger als 1,4 Gramm. Nach dem Schlüpfen sind die Jungen nackt und blind. Die Schalen der Eier trägt das Weibchen bis zu 25 Meter vom Nest weg.
Ab dem vierten Tag beginnen sich die Augen der Jungen zu öffnen. Bis zum fünften Tag frisst das Weibchen den Kot, ab dem sechsten trägt es ihn fort. Nach acht Tagen sind Bettelrufe zu hören, die das Männchen zur Beteiligung an der Fütterung anregen. Es hilft jedoch nur sporadisch und unregelmäßig.
10 bis 12 Tage werden die Jungen im Nest gefüttert. Dann verlassen die Nestlinge gemeinsam ihr zuhause, bleiben aber noch eine Zeit lang im Familienverband und sind noch lange nach dem Flüggewerden gemeinsam unterwegs.
Drei bis vier Jahre beträgt das durchschnittliche Lebensalter unserer Zaunkönige, längstens jedoch sieben. Gefährdet sind sie vor allem durch Katzen, Marder, Eichhörnchen, aber auch durch Sperber, Habicht und Falken.
Wer gern auch im eigenen Garten einen Zaunkönig erleben möchte, der sollte auf seinem Grundstück auch ein wenig Wildnis zuzulassen. Manchmal genügt schon ein größerer Reisighaufen neben dem Kompost, sind dann noch ein paar üppige Brombeeren in der Nähe, bestehen gute Aussichten, den melodisch lauten Gesang der kleinen Wichte zu erleben.
Mehr über den Zaunkönig, seine Lebensweise und Tipps, wie man ihm Nisthilfen einrichten kann, gibt´s bei NABU im Internet: „Stunde der Gartenvögel“